
10.01.2017
Sehr geehrter Herr Mustermann,
als Sie unseren Absender in Ihrem Posteingang sahen, haben Sie sich sicherlich schon gedacht, dass dies nichts Gutes bedeuten kann.
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie aufgrund der zahlreichen Bewerbungen nicht in die engere Wahl nehmen konnten.
Es ist uns einfach nicht möglich, mit allen Kandidaten in dieser intensiven Form in Kontakt zu treten. Aufgrund der Bewerbungsunterlagen – und diese stellen nun mal das erste Vorauswahlinstrument bei uns dar – haben uns andere Bewerber mehr von der Passgenauigkeit ihrer Qualifikation in Bezug zu unserem Anforderungsprofil überzeugen können.
Wir bedanken uns ausdrücklich bei Ihnen für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und die Mühe, die Sie sich mit Ihrer Bewerbung gemacht haben. Gleichzeitig wünschen wir Ihnen viel Glück bei der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung.
Mit freundlichen Grüßen
Max Muster
Musterfirma GmbH
Eine solche vorgefertigte „Standard-Absage“ versenden fast alle Unternehmen.
Doch Bewerber wünschen sich aussagekräftige und wertschätzende Absagen. Vor allem dann, wenn der Bewerber im Auswahlprozess bis zum Telefoninterview oder Vorstellungsgespräch gekommen ist.
Bewerber möchten den Grund für die Absage erfahren, schließlich bietet das die Chance, an den Schwachpunkten der Bewerbung oder der Selbstdarstellung/-präsentation des Bewerbers zu arbeiten.
Doch müssen Arbeitgeber ihre Absagen nicht immer begründen (Vgl. BAG, Urteil vom 21.02.2013, 8 AZR 180/12).
Bewerbern diskriminierungsfrei absagen
Was es in Bezug auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das AGG – umgangssprachlich auch Anti-Diskriminierungsgesetz genannt – ist ein Gesetz, welches Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll.
Daher sollten Arbeitgeber beispielsweise bei der Erstellung der Stellenanzeige, der Fragestellung im Vorstellungsgespräch wie auch bei der Verfassung des Absageschreibens darauf achten, dass sie keinen Menschen in eine Benachteiligung versetzen oder gar diskriminieren.
So gibt es mittlerweile einige Fallen, in die Unternehmen mit ihrer Absageformulierung tappen können. Im schlimmsten Fall kann ein Unternehmen dann von einem Kandidaten eine Klageandrohung erhalten, da dieser sich aufgrund der in der Absage genannten Begründung benachteiligt oder diskriminiert fühlt.
So kann eine im ersten Gedanken harmlose Formulierung wie:
„Wir haben uns für einen Bewerber entschieden, der besser zu uns passt.“
kann eine Diskriminierung indizieren.
Zu empfehlen wäre daher die Begründung:
„Wir haben uns für den/die bestqualifizierte(n) Bewerber/Bewerberin entschieden.“
Damit Ihre Absage AGG-konform gelingt und nicht zum finanziellen Risiko wird, empfehlen wir Ihnen, den Text Ihrer Absage neutral zu formulieren.
Im Einzelnen bedeutet dies:
-
Benennen Sie die ausgeschriebene Position geschlechtsneutral:
Beispiel:
AssistentIn
Assistent/in
Assistenz (m/w)
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„dann sind Sie unser Mann“
„dann sind Sie der ideale Kandidat“
Vermeiden Sie Begriffe wie „Vollzeitstelle“, da diese eine mittelbare Benachteiligung (z. B. von Müttern) mit sich bringen kann.
Diese Regeln sollten Sie im ganzen Text befolgen, nicht nur in der Nennung der Position.
-
Halten Sie Ihre Absagebegründung geschlechtsneutral:
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„Wir haben uns für einen Mann entschieden, da die Aufgabe einen hohen körperlichen Krafteinsatz erfordert.“
„Wir haben uns für eine Frau entschieden, da das Team aus lauter Frauen besteht.“
-
Vermeiden Sie Angaben, die einen Bezug zum Alter haben und geben Sie keine Absagebegründung an, die sich auf ein
Mindest- oder Höchstalter bezieht.
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„Sie passen vom Alter her leider nicht in unser junges Team.“
„Sie verfügen leider über zu wenig Berufserfahrung.“
-
Vermeiden Sie jegliche Äußerung zur Religionszugehörigkeit oder der Weltanschauung
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„Da Sie evangelisch sind, können wir Ihre Bewerbung leider nicht weiter berücksichtigen.“ (oder andere Religionszugehörigkeit)
„Da Sie ein ehrenamtliches Engagement in der Kirche ausüben, können wir Ihre Bewerbung leider nicht weiter berücksichtigen.“
„Da Sie konfessionslos sind, passen Sie leider nicht in unser in der Freizeit christlich engagiertes Team.“
-
Vermeiden Sie jegliche Einschränkung bzgl. der Herkunft!
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„Leider sprechen Sie als Muttersprache nicht die englische Sprache.“ (oder andere Sprache)
„Leider verfügen Sie nicht über fließende Deutschkenntnisse.“ (oder andere Sprache)
„Leider beherrschen Sie den lokalen Dialekt nicht.“
„Leider verfügen Sie über keine akzentfreie Aussprache.“
„Leider ist Ihr Geburtsort nicht in Deutschland“ (oder ein anderes Land)
-
Verwenden Sie keine Floskeln oder Signalworte die körperliche und geistige Handicaps oder eine
Behinderung ausschließen. Besser ist es, die zentralen körperlichen und geistigen Tätigkeiten, die der Kandidat bei der Ausübung der Tätigkeiten zu verrichten hat, anzugeben.
Verwenden Sie keine Formulierungen wie:
„Leider verfügen Sie über eine körperliche Beeinträchtigung.“
„Sie sind leider geistig unflexibel“
- Dokumentieren Sie im besten Fall jeden Schritt Ihres Auswahlverfahrens für den Fall einer eventuellen Klageandrohung.
Auch wenn man nicht unmittelbar diskriminierende Absagen formuliert, liefert man schnell Indizien für eine mittelbare Diskriminierung. In der Vergangenheit ist das insbesondere bei der Rücksendung von Postbewerbungen passiert. Notizen darauf wie „Ossi“ oder Unterstreichungen und Anmerkungen wie „verheiratet, 1 Kind (7 Jahre alt)“ können Ansatzpunkte für AGG-Klageandrohungen bieten.
Vorsicht zu bewahren gilt auch beim Verfassen der Stellenanzeigen oder der Fragestellung im Vorstellungsgespräch.
Absagen aufgrund von Qualifikation oder Persönlichkeit
Wie verhält es sich jedoch mit anderen Absagegründen, die klar in der Qualifikation, in der Eignung oder der Persönlichkeit eines Kandidaten liegen?
Ein AGG-konformer Absagegrund liegt dann vor, wenn in einem Anforderungsprofil für eine Stelle klare Anforderungen gestellt werden und ein Bewerber diese offensichtlich nicht erfüllt.
Solche Anforderungen können beispielsweise folgende sein:
- Bestimmte Berufsausbildung oder bestimmtes Studium
- Fach-, Sprach- oder IT-Kenntnisse
- Berufserfahrung (Führungserfahrung, Auslandserfahrung, Erfahrung mit speziellen Kunden, Produkten oder Technologien)
- Persönliche Kompetenzen wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Ausdrucksweise, Auftreten oder verkäuferisches Geschick
Dabei zu beachten ist allerdings, dass die Anforderung für die erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit nachvollziehbar erforderlich ist.
Können die Anforderungen nicht direkt durch entsprechende Unterlagen überprüft werden, müssen Arbeitgeber entsprechende Indizien und Belege im Auswahlverfahren sammeln und im besten Fall jeden Schritt des Auswahlverfahrens genau dokumentieren. Gelingt dies, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass andere als in § 1 AGG genannten, also sachliche Gründe, die Absage vor Gericht rechtfertigen.
Fazit: Im Absageschreiben und auch bei telefonischen Nachfragen der Kandidaten sollte sich der Arbeitgeber aus haftungsrechtlichen Gründen möglichst neutral und vorsichtig ausdrücken und vor allem kurz fassen.
Ein rechtssicheres Absageschreiben selbst zu erstellen, kann manchmal einiges an Kopfzerbrechen verursachen. Ersparen Sie sich diese zeitintensive Arbeit und lassen Sie sich Ihre Absagen einfach von erfahrenen Personalentscheidern schreiben.
Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf, wir beraten Sie gerne.